Duo Stephan Tassani-Prell und Johannes Strohmaier im Höllentempo auf den Monte Rosa (Punta Gnifetti 4.554 m)
Alagna-Valsesia. Das heimische Berglaufduo Stephan Tassani-Prell und Johannes Strohmaier überzeugten mit einer bravourösen Leistung beim zweifellos höchsten und härtesten Berg-/Trail-Lauf Europas von Alagna-Valsesia (1.190 m) im norditalienischen Piemont auf die Punta Gnifetti (4.554 m) mit Europas höchster Berghütte Rifugio Regina Margherita direkt am Gipfel in exponierter Lage gelegen und wieder zurück ins pittoreske Alpendorf.
Insgesamt galt es auf einer Distanz von 35 Kilometer 3.480 Höhenmeter sowohl im Aufstieg, als auch bergab zu überwinden. Der 50jährige Berglaufroutinier Tassani-Prell, aus Freilassing fand bei seiner dritten Teilnahme am Extremlauf mit dem 26jährigen Teisendorfer Alpinisten und Triathleten Johannes Strohmaier den idealen Teampartner für diesen „Husarenritt“.
Im Aufstieg galt es zunächst nach einer 1,2 Kilometer langen „Aufwärmrunde“ durchs Dorf zur ersten Verpflegung 1.250 Höhenmeter, ähnlich dem Staufenlauf, zur Bocchetta delle Pisse zu überwinden. Dort wurden die 251 Zweierteams aufgefordert ihre Mikro-Steigeisen anzulegen. Leider war der Schnee dort bereits um etwa 7 Uhr schon derart aufgeweicht, daß die Bedingungen im Vergleich zu den Vorjahren, wesentlich schwieriger waren. Ab der nächsten Zwischenzeit der Punta Indren (3.260 m) galt es sich auch anzuseilen. Diese Marke passierten die beiden heimischen Extremsportler bereits in 2:16 Std. als Gesamt 23te. Von nun an hatten die beiden quasi „Heimspiel“. Verbrachten sie mit ihren Partnerinnen Barbara und Caroline drei Tage auf der Rifugio Gnifetti (3.638 m), die sich etwa 200 Meter neben der Wettkampfstrecke auf einer Felsnase in Mitten des Gletschers befindet. Dort wurden von der heimischen Crew unter anderem die Zumsteinspitze (4.563 m), die Vinzent Pyramide (4.215 m), das Balmenhorn (4.167 m) und eben auch die Signalkuppe/Punta Gnifetti (4.554 m) zum Teil mit Tourenski und extrem leichter Bergausrüstung zu Akklimationszwecke erklommen.
Deshalb hatten die beiden Athleten am Wettkampftag „leichtes Spiel“ und konnten am Gletscher 11 Teams im Aufstieg zum Gipfel und Wendepunkt, der Punta Gnifetti (4.554 m) überholen und den „Checkpoint“ mit Blick auf das gut 100 Höhenmeter tiefer gelegene Matterhorn ( 4447 m ) als Gesamt zwölfte, in nicht erwarteten 4:08 Std., passieren.
Sehr euphorisch „stürzten“ sich die beiden gleich in den gut 17 km langen Abstieg und erreichten sehr rasch die etwa 1300 Meter tiefer gelegene Punta Indren nach gut 5 Stunden Gesamtlaufzeit. Von dort ging es steile Rinnen im, bis dahin tief aufgeweichten Firn und teilweise Bruchharsch in ein Kar und dann relativ flach weiter in einem Gemisch aus Geröll und Altschnee wieder zur letzten Verpflegung ( Bocchetta delle Pisse 2396 m ). Dieser Abschnitt zehrte bei beiden etwas an Kraft und Nerven, wegen des extrem „unguten“ Geläufs und der bis dahin aufkommenden italienischen Mittagshitze. Mußten doch alle Teilnehmer verpflichtend „langärmlig“ und “ langbeinig“ die gesamte Wettkampfstrecke absolvieren. Da boten sich hauptsächlich Skitouren- und Langlauf-Rennanzüge an. Differierten doch die Temperaturen von angenehmen 15 Grad am Start, -4 Grad am Gipfel und 28 Grad im Ziel.
Die letzten 1250 Höhenmeter „downhill“ absolvierte das Duo Tassani/Strohmaier in passablen 37 min., mußten allerdings dem hohen Tempo am Gletscher, sowohl im Auf- als auch im Abstieg, etwas Tribut zollen und noch einige Teams passieren lassen. Dennoch erreichten die beiden, höchst zufrieden, mit einer Gesamtlaufzeit von 6:32:58 Std. als Gesamt-25te und bestes deutsches Team, das Ziel am Kirchplatz von Alagna. Wurde doch mit einer realistischen Laufzeit von 7-8 Stunden im Vorfeld kalkuliert.
Einen nicht unwesentlichen Beitrag zum erfolgreichen Abschneiden lieferten zweifellos die beiden Partnerinnen ( selbst erfolgreiche Sportlerinnen ), Caroline Kendler und Barbara Tassani-Prell, die nicht nur die letzte Vorbereitungswoche mit der Besteigung mehrerer Viertausender inklusive Hüttenübernachtung mitmachten, sondern auch am Wettkampftag „Ihre Burschen“ an den neuralgischen Punkten Col de Lys ( 4256 m / Babsi ) und Capanna Regina Margherita ( 4554 m / Caro ) mit kräftigen Anfeuerungen und Aufmunterungen unterstützten. Leider waren Getränkegaben durch Betreuer vom Veranstalter untersagt. Von den 251 gestarteten Zweierteams erreichten, vor allem wegen der extremen Höhenlage und der sehr strengen Zeitlimits, nur 121 Teams das Ziel, obwohl es ein strenges Auswahlverfahren bei der Bewerbung um die begehrten Startplätze gab. Ohne Top-Resultat bei internationalen Rennen und dem Nachweis alpiner Erfahrung gab es keine Startberechtigung. Insgesamt beteiligten sich, zusammen mit den etwa 200 Startern des 2 Stunden später gestarteten doppelten vertikalen Kilometers ( gut 2000 Höhenmeter von Alagna zur Punta Indren ) 700 Athleten aus 38 Nationen. Die Starts erfolgten alle mit Mund-Nasenschutz und auf eine Pastaparty wurde ebenfalls wegen der Covid-Maßnahmen verzichtet.
Unter den „Nicht-Finishern“ waren leider auch einige namhafte deutsche Teams, die ebenfalls dem Zeitlimit zum „Opfer“ vielen. Dennoch macht diese Maßnahme der Veranstalter durchaus Sinn, denn die Sicherheit bei immer höheren Temperaturen und immer größer werdenden Spalten am Gletscher, steht einfach an erster Stelle. So stellt sich dem neutralen Betrachter die Frage, wie lange dieser Wettbewerb, in dieser Form, in den nächsten Jahren noch stattfinden kann.
Grandiose Siegerwurden das italienische Duo William Boffelli und Nadir Maguet in 4:45:53 Std. und das schwedische El-Kott-Zwillingspaar bei den Damen in 6:22:12 Std. als sechzehnte im Gesamtranking. Deutschlands derzeit wohl stärkste Ultra-Trail-Läuferin, Eva Sperger aus München erwischte nach dem inoffiziellen Mixed-Sieg bei der letzten Ausgabe 2019 ( Mixed-Teams werden in der Männerkategorie gewertet! ) mit ihrer Tschechischen Salomon-Teampartnerin nicht den optimalen Tag und wurde aber in dennoch respektablen 6:38 Std. gute Damen-Vierte.
Der mehrfache Transalpine-Run-Mastersieger Anton „Dodo“ Philipp aus Weitnau im Allgäu erreichte mit seinem italienischen Teampartner Adriano Colle im internationalen Mammut-Team den 69. Gesamtrang in 7:33:33 Std.
Bei Bier, Pizza und Pasta feierte die kleine heimische „Monte-Rosa-Crew“ das erfolgreiche Abschneiden, ehe am nächsten Tag die knapp 800 km-lange Heimreise angetreten wurde.